Lebhafte Beteiligung bei SPD-Workshop zu kommunaler Wärmeplanung und regionaler Energiegewinnung

18. November 2024

Eine Fülle von Informationen erfuhren die Gäste der Kreis-SPD am vergangenen Samstag im Pflaumheimer Haus der Vereine.

Vorbildliche Klimaprojekte in Großostheim

Ralf Herbst eröffnete die Veranstaltung mit Verweis auf vorbildliche Klimaprojekte in Großostheim, wie den Nahwärmeverbund Welzbach-, TV- und Bachgauhalle, die zusammen mit Kiga Mullewapp, Rathaus, Bauhof, Schwimmbad und Realschule seit fast 25 Jahren mit Holzhackschnitzeln und Solarenergie beheizt werden. Mit 6,5 Cent pro kWh Wärmeeinheit sind die Heizkosten spektakulär niedrig und gleichzeitig werden jährlich Hunderte Tonnen des Klimagases CO₂ eingespart. Darüber hinaus betreibt der Markt Großostheim einen Nahwärmeverbund in Ringheim (Schule, Mehrgenerationenhaus und Kindergärten) und hat an der Kläranlage und in der Mittelschule Blockheizkraftwerke sowie an der Schule Pflaumheim eine weitere Heizung mit örtlichen Holzhackschnitzeln. Zusammen werden so ca. 3 Mio. kW/h Wärmeenergie erzeugt. Für einen weiteren Nahwärmeverbund rund um den Marktplatz sind schon Leerrohre verlegt, so dass künftig auch die dortigen Gemeindekomplexe mit günstiger und regenerativer Energie versorgt werden können.

Ralf Herbst eröffnete die Veranstaltung
Ralf Herbst eröffnete die Veranstaltung

Kommunale Wärmeplanung

Simon Sauer von der BfT Energieberatung erläuterte das Thema kommunale Wärmeplanung, die richtige Herangehensweise und die Phasen von Bestandsanalyse, Potentialanalyse, Ziele und Umsetzungsstrategie an deren Ende der kom. Wärmeplan steht. Gemeinden unter 100.000 Einwohner müssen bis zum 30.6.2028 kommunale Wärmeplanungen erstellen lassen. Dabei gilt je eher eine Gemeinde plant, umso früher haben ihre Bürger Planungssicherheit. Landauf landab gibt es in Gewerbe und Industrie viele Wärmeproduzenten, deren Wärmepotenziale noch brach liegen und zur Beheizung von Wohnungen genutzt werden können. Das Wärmeplanungsgesetz regelt, dass bestehende Wärmenetze bis 2030 mit erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme gespeist werden müssen. Für Produzenten von Abwärme läuft schon zum 31.12.2024 die Frist ab, zu der sie ihre Daten ins Abwärmeregister eintragen können.

Simon Sauer von der BfT Energieberatung
Simon Sauer von der BfT Energieberatung

Simon Sauer versuchte die Angst vieler Verwaltungen vor der Erstellung einer Wärmeplanung zu relativieren: die Hauptarbeit leisten externe Büros und auch bei der Umsetzung von Lösungen sind es regelmäßig Firmen und Dienstleister, die investieren und sich um die Wärmelieferung kümmern.

Photovoltaik als preisgünstigste Energieform

Der Sailaufer Kreisrat Simon Dümig, Berufsschullehrer für Elektrotechnik, erklärte die Grundlagen, Funktionsweise und Potential von Photovoltaikanlagen (PV), die erstmals 1958 Weltraumsatelliten mit Strom versorgten und dann ihren Siegeszug auf der Erde begannen. Für 59 Euro wird aktuell ein 2 m² großes Solarmodul mit 450 W angeboten. Mit 5,5 Cent Produktionskosten ist Solarstrom inzwischen die preisgünstigste Energieform überhaupt. Die Vorteile der PV sind die effektive Flächennutzung, unter den Modulen kann landwirtschaftlich Obst-, Gemüse- und Weinanbau betrieben werden. PV liefert große Energiemengen, dabei sind die meisten Dach- und viele Gewässerflächen noch ungenutzt. PV ermöglicht eine sehr regionale Energieversorgung, mit ihr können sich Gemeinden und Gewerbegebiete weitgehend selbst mit Energie versorgen. Die weltweit größten Solarparks wurden in den vergangenen Jahren in Brandenburg und Sachsen errichtet aber auch im Kreis Aschaffenburg gibt es in Schöllkrippen (ehem. Deponie), Stockstadt (alte Deponie), Karlstein, Alzenau und Laufach schon 9 Solarparks. Laut Energieatlas Bayern wurden 2022 in unserem Landkreis 84.620 MWh Solarstrom erzeugt, was damals recht genau 10 % des kreisweiten Strombedarfs deckte. Würden alle Dächer im Landkreis mit Solarmodulen belegt, so könnte damit unser Strombedarf nahezu vollständig gedeckt werden.

Simon Dümig zum Thema Photovoltaik
Simon Dümig zum Thema Photovoltaik

Der Laufacher Solarpark

Wolfram Paulus, Gemeinderat aus Laufach, stellte den 4,5 ha großen Laufacher Solarpark vor, der 2020 gebaut wurde. Für den Verkauf von Geschäftsanteilen hatte Laufach eine Frist von 3 Monaten geplant, tatsächlich waren die Anteile schon nach 6 Stunden komplett von den Laufachern aufgekauft. Die Anlage liefert 4.000 MWh im Jahr, sie ist sehr gut in die Landschaft eingebettet, die Wiese darunter wird von einer Schafherde kurz gehalten und die kritischen Stimmen sind verstummt.

Wolfram Paulus zum Laufacher Solarpark
Wolfram Paulus zum Laufacher Solarpark

Bürgerenergiegenossenschaft im Landkreis Aschaffenburg

Die Arbeit der Bürgerenergiegenossenschaft im Landkreis Aschaffenburg (BLA) stellte Marcel Nekolla vor. Ziel der BLA ist es die Energiewende in unseren Kreisgemeinden umzusetzen, zur regionalen Energiesicherheit beizutragen, Bürgern bei eigenen Energieprojekten zu helfen und die Bürgerbeteiligung mit Workshops und Veranstaltungen vor Ort zu fördern. Nekolla stellte die bisherigen genossenschaftlichen Projekte vor, darunter PV-Anlagen auf Wohnhäusern und Firmendächern. Dazu wurden bislang 146 PV-Balkonanlagen an Haushalte vermittelt. In Arbeit ist die finanzielle und ideelle Beteiligung am Windparkt Alzenau-Freigericht.

Marcel Nekolla stellt die Bürgerenergiegenossenschaft im Landkreis Aschaffenburg vor
Marcel Nekolla stellt die Bürgerenergiegenossenschaft im Landkreis Aschaffenburg vor

Windkraft als ideale Ergänzung zur Photovoltaik

Windkraft als ideale Ergänzung der Stromerzeugung mittels Fotovoltaik stellte der Großostheimer Kreisrat Wolfgang Jehn vor. Anhand einer Grafik des Jahresverlaufs der 2023er Strommarktdaten der Bundesnetzagentur wurde ersichtlich, wie sich Wind- und Solarstrom gegenseitig ergänzen. Im Oktober 2024 wurden 37 Prozent des deutschen Stromverbrauchs aus Wind (27 %) und PV (10 %) gewonnen, zusammen mit Biomasse und Wasserkraft kamen im Oktober 52 % des Stroms aus, in Deutschland gewonnener erneuerbarer Energie. Im Landkreis Aschaffenburg liegt die Windstromgewinnung bei nur wenigen Kilowattstunden aus einigen privaten Kleinwindanlagen. Jehn stellte auf einer Kreiskarte den Entwurf des neuen Regionalplans Windkraft mit 10 Windvorrangflächen bei Alzenau, Wiesen, Sailauf, Mespelbrunn, Hohe Warte und Wenigumstadt vor. Die Karten und Erläuterungen sind seit vergangener Woche auf der Homepage des Landkreises öffentlich einsehbar. Jehn schätzte, dass landkreisweit ca. 20 Windräder aufgestellt werden können. Diese können dann jährlich ca. 300.000 MWh erzeugen und damit die Hälfte des im Kreis Aschaffenburg verbrauchten Stroms. Für 20 Windräder wird eine Fläche von knapp 10 Hektar benötigt, bei einer Landkreisfläche von 69.900 ha ist das herzlich wenig. Gleichzeitig werden damit ca. 230.000 Tonnen des klimaschädlichen CO₂-Gases eingespart. Neben der umweltschonenden Einbettung von Windrädern in Natur und Siedlungslandschaft, hält Jehn eine maximale Bürgerbeteiligung bei der regionalen Energieerzeugung für unabdingbar. Bürger sowie regionale Firmen, Banken und Sparkassen müssten gemeinsam dafür sorgen, dass der Strom aus der Region für die Region erzeugt wird und die Erlöse möglichst vor Ort bleiben.

Wolfgang Jehn zum Thema Windkraft
Wolfgang Jehn zum Thema Windkraft

Text: Wolfgang Jehn

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