Kreisparteitag beschließt umfassenden Leitantrag zum Thema Verkehr
Zu einem Parteitag zum Thema Mobilität kam der SPD-Kreisverband Aschaffenburg-Land am 13. Juli in Kahl am Main zusammen. Als Ergebnis der langen und intensiven Diskussion wurde ein Leitantrag verabschiedet, der als Grundlage für die thematische Arbeit der kommenden Jahre dienen soll.
Bereits im Grußwort von Jürgen Seitz, Bürgermeister der Gemeinde Kahl am Main, wurden einige der Probleme deutlich, mit denen der ÖPNV in der Region zu kämpfen hat. Die Gemeinde wartet schon seit Jahren auf einen barrierefreien Umbau des Bahnhofs, der einer der wichtigsten Umsteigepunkte im Landkreis Aschaffenburg ist. Zu allem Übel fährt der Bus 566 von Hanau seit Ende Juni nicht mehr bis nach Kahl, sondern nur noch bis Großkrotzenburg. Für Bürgermeister Seitz ist dies ein unhaltbarer Zustand. Besonders kritisierte er, dass die Einstellung der Linie im Vorfeld überhaupt nicht kommuniziert wurde. Eine vom Ortsverein Kahl eingebrachte Resolution, in der die Reaktivierung der Strecke bis nach Kahl, idealerweise ihre Verlängerung bis nach Aschaffenburg gefordert wird, wurde von den anwesenden Delegierten einstimmig angenommen.
Auf Einladung des stellvertretenden Kreisvorsitzenden Wolfgang Jehn konnte den die Delegierten der Ortsvereine sowie die zahlreichen Gäste einem spannenden und abwechslungsreichen Vortrag des Verkehrsexperten Prof. Dr.-Ing. Jürgen Follmann von der Hochschule Darmstadt folgen. Prof. Follmann hat federführend das Leitbild „Mobilität der Zukunft im Landkreis Offenbach“ mit erarbeitet. In seinem Vortrag zeigte er, wie öffentlicher und Individualverkehr ökologisch sinnvoll und gut miteinander verknüpft werden können. So können durch Um- und Neubau von Verkehrswegen mehr Menschen vom Auto auf das Fahrrad oder in den ÖPNV gebracht werden. Follmann plädierte unter anderem für den Bau eines Radschnellwegs von Aschaffenburg bis zum Frankfurter Flughafen. Auch die Bedeutung von Modellen wie Car-Sharing und der schlussendlichen Zusammenführung verschiedener ÖPNV-Angebote in eine Mobilitätskarte wurden von Follmann hervorgehoben.
Michail Fotokehagias, SPD-Landtagskandidat für den Stimmkreis 601 Aschaffenburg-Ost, konnte in einem „Erlebnisbericht“ von seinen Erfahrungen mit dem ÖPNV im Landkreis erzählen. Sein bitteres Fazit: „Die Menschen fahren nur dann Bus, wenn sie kein eigenes Auto haben.“ Das ÖPNV-Angebot sei zu wenig darauf ausgerichtet, neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Dafür müssten unter anderem die Aufenthaltsqualität an den Bushaltestellen verbessert, neue, leisere Busse angeschafft und eine bessere Verzahnung der Fahrpläne gewährleistet werden, so Fotokehagias.
Welche Forderungen die BayernSPD sowie die SPD-Landtagsfraktion in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr haben legte die Landtagsabgeordnete Martina Fehlner aus Aschaffenburg dar. Zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern gehöre auch, die krassen Unterschiede in der Mobilitätsqualität zwischen Stadt und ländlichem Raum auszugleichen, so Fehlner. Die Landtagsabgeordnete musste im gleichen Atemzug aber auch feststellen, dass die Förderung der Staatsregierung für den ÖPNV viel zu niedrig ist. Besonders bitter dabei: „Trotz finanzieller Verbesserungen im Nachtragshaushalt 2018 wurden in Bayern als Finanzhilfen für den gesamten ÖPNV nur rund 200 Millionen Euro aufgewendet. Und das, obwohl Bayern vom Bund aktuell mehr als eine Milliarde Euro an Finanzhilfen für den Schienen-Personen-Nahverkehr erhält. Kein Ruhmesblatt der CSU-Staatsregierung“, so Fehlner. Es müsse vieles umgesetzt werden, so der barrierefreie Ausbau von Bahnhöfen – derzeit sind gerade einmal ein Viertel der unterfränkischen Bahnhöfe barrierefrei! –, eine Förderung von Radverkehr und Elektromobilität und auch eine verbraucherfreundliche Auflösung des Dieselskandals.
Nach einer langen und engagierten Aussprache verabschiedete der Kreisparteitag zum Abschluss den vorgeschlagenen Leitantrag „Mobilität der Zukunft – auch im Landkreis Aschaffenburg“. In diesem fordert die Landkreis-SPD unter anderem den Ausbau des länderübergreifenden ÖPNV vom Bayerischen Untermain in das Rhein-Main-Gebiet, barrierefreien Zugang zu Reisemitteln und eine größere Alltagstauglichkeit des ÖPNV. Diese Ziele wurden mit zahlreichen konkreten Forderungen unterfüttert.